Tuesday, August 24, 2004

Hilfe, die Republikaner kommen

Momentan herrscht in New York mal wieder Panikstimmung. Die Republikaner haben ihren Parteitag in Manhattan und alle fuerchten sich. Die Einzelhaendler fuerchten sich, dass die Kunden fernbleiben, die Naturliebhaber fuerchten sich, dass die Demonstranten den Central Park verwuesten, die Manhattanies fuerchten sich, dass Terroristen einen Anschlag planen und ich fuerchte mich einfach nur davor, dass die Republikaner die naechsten Wahlen gewinnen und wir weiterhin mit George W als Praesident leben muessen.
Wie wir ja alle wissen, steht die Waffenlobby den Repulikanern sehr nahe, und, obwohl ich offiziell noch keine Aufenthaltserlaubnis habe, so kann ich zumindest dank meiner Sozialversicherungsnummer eine Waffe kaufen. Gott schuetze Amerika, kann man da nur sagen.
Die Faszination der Amis fuer Waffen ist etwas, das ich einfach nicht verstehen kann (und wohl auch nicht will) und da ich hier in New York nicht mit dem typischen Durchschnittsrepublikaner verkehre, ist es auch nicht einfach, meine verschiedenen Bilder von Amerika unter einen Hut zu bringen.
Bei meinem letzten Coney Island Besuch jedoch sah ich mal wieder etwas, das mein Negativbild unterstrich: Shoot the Freak. Eine sehr zweifelhafte Attraktion dieses melancholischen Vegnuegungsparks. Eine menschliche Zielscheibe, ausgeruestet mit Schutzanzug, Maske und Schutzschild, rennt hin und her und kann mit Farbkugeln beschossen werden. Jon, Lisas Cousin, analysierte ganz enttaeuscht: Das ist doch gar kein Freak.
Recht hat er. Eher ein Freak war der Budenbesitzer, der laut ins Mikrophon bruellte: "Shoot the Freak. Give it a try, shoot this guy in his eye! Shoot the Freak. Have some fun and take a gun." Ja, es gibt mehr als den Republikanerparteitag zu fuerchten...

Monday, August 23, 2004

Gepaeckreisen

Wenn einer eine Reise macht...
Mein Freund Holso ist in New York, seine Koffer jedoch noch nicht.
Fuer alle diejenigen, die Hoslo nicht kennen, hier das wichtigste in Kuerze. Hoslo ist ein in England geborener Inder, der ueber zehn Jahre in Finnland gelebt hat, und in Bruessel fuer das europaeische Antirassismusnetzwerk ENAR arbeitete. Als seine Mutter starb, flog er nach Indien, um ihre Asche in den Ganges zu streuen und auf dieser Pilgerfahrt begegnete er einem Dugong, einer vom Aussterben gedrohten "Meereskuh", und er beschloss, seinen Einsatz fuer den Schutz der Menschenrechte gegen einen Einsatz fuer den Tierschutz einzutauschen und zog im wahrsten Sinne des Wortes auf eine einsame Insel im indischen Ozean und arbeitet dort als Tierschuetzer.
Als ich Executive Director von EUJS wurde, haben wir uns in Bruessel kennengelernt. Wie? Das ist eigentlich schon eine Geschichte fuer sich, die vielleicht ein anderes Mal erzaehlt wird.
An dieser Stelle soll nur erwaehnt werden, dass wir irgendwann feststellten, dass wir uns eigentlich schon in Finnland begegneten.
Wie auch immer, in Bruessel wurden wir Freunde, feierten meinen 26. Geburtstag gemeinsam in Aegpyten (auch eine Story fuer sich) und als ich EUJS Praesident wurde, hatte er Europa schon den Ruecken gekehrt.
Wir haben uns also etwa vier Jahre nicht mehr gesehen, und so war ich natuerlich ganz begeistert, als er mir e-mailte, dass er am Samstag nach New York komme.
Na ja, er kam am Sonntag an. Ein Woche vor dem Parteitag der Republicans hier in New York ist eine in England geborener Britte, der den Grossteil seines Lebens in Finnland verbracht hat, nun auf einer einsamen Insel lebt und gerade drei Monate in Belize und Guatemala verbracht hat, um zu Tauchen, wohl doch zu verdaechtigt. Also wurde Hoslo erst einmal an der Grenze festgehalten, dann verpasste er seinen Anschlussflug von Miami und musste eine Nacht dort bleiben, und als er endlich in New York ankam, war er am Flughafen La Guardia, doch sein Gepaeck auf dem Flughafen JFK.
Und nun warten wir immer noch auf sein Gepaeck. Nach zehn Anrufen bekamen wir endlich einen Rueckruf, und zwar von der Frau, die wir vorher gesprochen hatte. Sie fragte nach, wann wir endlich den Koffer ausliefern wollen. Wie bitte??? Ja, sie hatte uns mit dem Fahrer verwechselt. Um Mitternacht riefen wir nochmal an, und dann hiess es, der Fahre war zwar unterwegs, aber als er vor unserer Haustuer war, hat er festgestellt, dass er die Papiere bei sich hatte, die Koffer jedoch vergessen.
Die letzte Nachricht war, dass die Koffer heute um 12 Uhr ankommen sollen. Und das ist nun. Ich werde Hoslo gleich anrufen, um zu sehen, ob die Koffer da sind. Wie heisst es so schoen: Fortsetzung folgt...

Thursday, August 19, 2004

Flitterwochen

Es ist gebucht! Vom 29. Oktober bis zum 14. November werden wir unsere Flitterwochen in Mexiko verbringen.
Wir haben vor, ein wenig auf Maya-Spuren durch Yucatan zu reisen und ausserdem unseren Tauchschein zu machen. Ja, richtig gelesen, wir werden Tauchen, und damit wir auch gleich in die weite Welt des Ozeans koennen, haben wir gestern mit unserem Tauchkurs hier in NY angefangen. Ich muss eingestehen, dass der Theorieunterricht schon ein wenig verwirrend war, aber die non-verbale Kommunikation unter Wasser lief dafuer um so besser. Auch wenn wir nur im Kreis durch ein unterirdisches Schwimmbad plantschten, so ist es schon ziemlich cool und hat total viel Spass gemacht. Bis zu den Flitterwochen wollen wir unseren Schein fertig haben.
Apropos Flitterwochen: Ich frage mich, warum es eigentlich "Flitterwochen" heisst? Falls jemand die Antwort weiss, bitte einfach einen Kommentar schreiben.
Apropos Kommentar: Vielen Dank allen fuer die positive Kritik meiner Blog. Da dies ja interaktiv sein soll, bitte schreibt doch Kommentare direkt in die Blog.

Sunday, August 15, 2004

Eine amerikanische Hochzeit

Ja, der Countdown laeuft. Bald wird geheiratet. Die Einladungen werden gerade gedruckt, die Adressenliste ist ein letztes Mal ueberprueft worden, der Smoking muss noch besorgt werden, und unseren Rabbiner treffen wir am Montag.
Ich muss eingestehen, dass ich so ziemlich gar keine Ahnung hatte, was man so alles ueber eine Hochzeit wissen muss, und da vor mir noch keiner meiner Freunde geheiratet hat, hatte ich auch keine Ahnung, was man so alles wissen muss.
Ich frage mich oft, ob sich amerikanische Hochzeiten fundamental von europaeischen unterscheiden. Mein Gefuehl ist, dass dies wohl so ist, aber wer weiss.
Was jedoch ganz bestimmt amerikanisch ist, ist der sogenannte Bridal Shower. "Shower" (Dusche) daher, da man - angeblich - mit Geschenken ueberhaeuft wird. Im Deutschen wuerde es wohl eher Geschenke regnen, aber das ist eine andere Geschichte (und just in dem Moment, wo ich diese Worte schreibe, faengt es auch an draussen zu stuermen).
Wie auch immer, wir hatten einen "Bridal Shower" vor ein paar Wochen und ich muss sagen, die ganze Geschenkzeremonie ist schon sehr seltsam.
Auch wenn sich das ganze relativ einfach anhoert, so ist es doch sehr, sehr kompliziert und bedarf mehrerer Monate Vorbereitungszeit. Zunaechst muss man sich erst mal Geschenke aussuchen. Ja, richtig gelesen, man wird keinesfalls mit Geschenken ueberrascht, sondern sucht sich zunaechst aus, was man will (und nicht unbedingt braucht). Da es um den ersten gemeinsamen Haushalt geht, sind es eher Toepfe, Kaffeemaschinen und dergleichen, was traditionell Sinn macht, jedoch heutzutage nicht unbedingt, da viele Paare - wie auch wir - bereits zusammenleben und "alles" haben.
In unserem Fall kam noch ein kleines Problem dazu, da wir in New York leben, Lisas Eltern jedoch in Michigan, wo auch der "Shower" stattfand. Aber im Zeitalter der Globalisierung ist so etwas kein Hindernis. Die meisten Warenhaeuser sind "Ketten" wie in Deutschland etwa Karstadt oder Media Markt, und so kann man sich alles in Ruhe aussuchen und unsere Wahl ist dann online sowie landesweit in alles Filialen derselben Kette erhaeltlich.
Fuer all diejenigen, die jetzt ueberrascht sind: Falls Ihr uns also etwas schenken wollt, dann bestellt es bitte online. Zu unserer Auswahl geht es hier.
Also, zurueck zur Geschichte. Ein paar Monate spaeter findet dann der Bridal Shower statt. Im Idealfall haben die Gaeste die Geschenke online bestellt und sie wurden zu uns nach Hause geschickt. [Dies ist uebrigens auch der Idealfall fuer unsere Hochzeit, denn ich habe keine Ahnung, wie wir die Geschenke ansonsten von Las Vegas nach New York transportieren koennen.] Leider ist dieser Idealfall in unserem Fall nicht eingetreten. Davon nun hier mehr.
Man faehrt also dann Monate spaeter in die Heimatstadt der Braut, in unserem Fall Ann Arbor, Michigan, wo die Mutter ihre Freunde in einem Restaurant versammelt hat. Dort isst man gemuetlich zu Mittag und als Dessert werden Geschenke geoeffnet.
Zum besseren Verstaendnis muss erklaert werden, dass so gut wie keine Freunde von Lisa mehr in Ann Arbor wohnen und daher niemand von ihnen zum Shower kommen konnte. Des weiteren ist es auch interessant zu wissen, dass die meisten Freunde der Mutter (Arbeitskollegen etc) Lisa auch so gut wie gar nicht kannten.
Mit diesen Zusatzinformationen muss man sich nun die gute Mine zu diesem Schauspiel vorstellen. Vor einer Gruppe von Fremden muss die Braut nun die Geschenke, die sie sich selber ausgesucht hat, auspacken, und - was viel wichtiger ist - sie muss auch noch ueberrascht und erfreut spielen! "Oh, how lovely!" - "Oh, wow, that's great!"
Im Hintergrund wird natuerlich getuschelt, wer den was geschenkt hat, warum man sich denn so etwas ausgesucht hat und wie wenig oder wie viel diejenige wohl dafuer ausgegeben hat.
Am Ende des Showers kommt dann der Braeutigam (der dann von den Gaesten bewundert werden kann) und laed die Geschenke ins Auto.
Hier wiederum ein kleines Problem, denn der Braeutigam, also ich, lebt nun mal nicht in der selben Stadt, sondern muss fuer seine fuenf Minuten Ruhm eingeflogen werden.
Da das ganze von Lisas Eltern bezaehlt wurde, haben wir natuerlich nicht gemeckert, ich kam, lud die Geschenke ins Auto und... ja, und dann war das alles natuerlich noch nicht zu Ende, denn wie kommen die Geschenke nun nach New York? Im Flugzeug kann man die nicht transportieren, und mit dem Auto sind wir 20 Stunden oder mehr unterwegs (und ausserdem haben wir ja gar kein Auto).
Also, im Haus der Eltern angekommen, wurden die Geschenke erst einmal sortiert und dann am naechsten Tag in den jeweiligen Laeden zurueckgegeben. In Amerika ist das bei registrierten Geschenken ja gar kein Problem. Man bekommt einen sogenannten store credit, d.h. eine Quittung, dass man diese Waren zurueck gegeben hat und dass sie bei der Filiale in New York zurueck gelegt werden. Zurueck in New York ruft man dann bei dem Laden an, in unserem Fall Bed Bath and Beyond oder Tripple B wie wir sagen, macht einen Termin aus und holt die exakt gleichen Waren wieder ab.
Ja, hoert sich kompliziert an, und ist es auch. Wahrscheinlich waere es am einfachsten, wenn man zu seinem Kapitalismus steht und einfach Geld verschenkt, aber mich fragt ja keiner.

Wednesday, August 11, 2004

Die Tour de New York

New York ist so gross, dass man immer wieder etwas neues entdeckt. Es scheint unmoeglich zu sein, "alles" zu kennen. Und die beste Art, die Stadt zu entdecken, ist auf dem Fahrrad.Ich kann mir schon vorstellen, was einige denken werden: Auf dem Fahrrad!? Bist Du lebensmuede? Ja, zugegeben, es ist nicht immer ideal, auf dem Fahrrad durch New York zu fahren, aber dank meiner New York Bike Map weiss ich immer, wo die besten Fahrradwege sind. Und das letzte Wochenende unternahmen wir mal wieder eine Fahrradexkursion.Am Freitag traf ich Lisa nach der Arbeit am Central Park und wir durchquerten drei Viertel des Parks auf dem Rad, fuhren dann auf der West Side am Ufer entlang (ebenfalls separater Fahrradweg) und durchquerten Manhattan um ueber die Brooklyn Bridge zu Five Front zu fahren, wo wir auf unser zweijaehriges Jubilaeum anstiessen.Apropos zweijaehriges. Als wir den Central Park verliessen fanden wir ploetzlich das Restaurant, in dem ich mit Andras ass, einen Tag nachdem ich Lisa das erste Mal gekuesst habe. Ich erzaehlte ihm von ihr und Andras meinte damals: Mal sehen, wo das noch hinfuehrt.Von Five Front ging es dann via Williamsburg zurueck nach Greenpoint. Wir fuhren Bedford Avenue zurueck, und die ist an einem Freitagabend immer etwas besonderes, da Bedford Avenue einerseits den hippen Teil Williamsburgs mit all seinen Bars und Clubs durchquert, andererseits auch durch den Stadtteil fuehrt, in dem eine grosse chassidische Gemeinschaft wohnt, und besonders am Freitagabend ist die Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt, beeindruckend.Samstag ging es dann wieder auf Fahrradtour, diesmal zu Meer (und wieder mal Bedford Avenue hinunter). Um ehrlich zu sein haben wir die Distanz einfach unterschaetzt. Es dauert fast zwei Stunden von Greenpoint nach Coney Island, und auch wenn es ein faszinierender Ausflug ist, so ist es doch superanstrengend. Das gross angekuendigte Zirkusfest war jedoch nichts, dafuer sind wir aber Riesenrad gefahren. Wirklich, wirklich hoch! (Es heisst, das Riesenrad von Coney Island ist das hoechste der Welt. Von unten betrachtet, sieht es nicht so aus, aber von oben her schon!)Auf dem Rueckweg fuhren wir den Ocean Parkway entlang, der leider nicht am Ozean entlang verlaeuft, jedoch einen separaten Fahrradweg hat (Bedford hat nur einen Fahrradstreifen, den die Autofahrer manchmal einfach ignorieren). Mir war eigentlich nie bewusst, wie viele Juden in Brooklyn leben, aber allein auf dem Ocean Parkway sah ich ueber 50 juedische Gebaeude (Schulen, Synagogen, Gemeindehaeuser), die zu unterschiedlichen Congregations gehoerten. Wenn die Statistiken stimmen, leben in New York allein etwa so viele Juden wie in Westeuropa.Eigentlich hatten wir vor, in Prospect Park ein Open Air Concert zu unseren Zwischenstopp zu machen, doch da wir laenger brauchten als geplant, gingen wir ins Brooklyn Museum, das jeden ersten Samstag im Monat freien Eintritt und live Musik bietet.Nach so viel Fahrradtouren waren wir so muede, dass wir am Sonntag mit der Subway (ja, die gibt es auch noch) zum Far Rockaway fuhren, den Suedostzipfel der New Yorker Insel, und dort am Strand ausruhten.Wenn das alles keine Tour de New York ist?

Sunday, August 01, 2004

Coney Island und Sommer in New York

Was gibt es eigentlich in Coney Island? Diese Frage stellte mir... ein gebuertiger New Yorker! Fuer all diejenigen, die es nicht wissen, Coney Island ist an der Suedspitze von Brooklyn und eine kleiner Vergnuegungspark, den Woody Allen in seinen Filmen verewigte.
Die Frage machte mir zwei Dinge bewusst: Zum einen, dass New Yorker normalerweise Lokalpatrioten sind und ausser ihrem Arbeitsplatz und der Nachbarschaft, in der sie Leben, nicht viel von New York kennen. Zum anderen, dass ich mich recht schnell heimisch im Big Apple gemacht habe, denn ich habe meine ersten Monate damit verbracht, New York zu erkunden, und wohl mehr als der Durchschnittsnewyorker gesehen, auch wenn ich immer wieder feststellen muss, dass es so viel gibt, was ich noch nicht kenne.
Ich mag Coney Island im Sommer. Letzte Woche fuhr ich mit der Subway dorthin und spazierte am Strand entlang, sah den Fischern und Parkbesuchern zu, beobachtete die alten Russen beim Damespiel und hatte einen kleinen Snack in Brighton Beach alias Little Odessa.
Vor genau zwei Jahren war ich das erste Mal in Brighton Beach, damals mit Andras. Es war eine schwuele Sommernacht und als wir ploetzlich an der Strandpromenade waren, wurde mir erst bewusst, dass New York eine Insel ist. Heute bringe ich Leute zum Strand...
Auch wenn das schwuele Wetter manchmal unertraeglich ist, mag ich New York im Sommer. Es gibt immer so viel zu tun. Am Donnerstag waren wir bei einem Open Air Konzert / Film in Prospect Park, Brooklyn. Erst spielten die genialen One Ring Zero, die ich bereits vor ein paar Monaten in 'meinem' Museum sah, dann wurde der Klassiker Frankenstein mit Boris Karloff gezeigt. Und all das als wir gemuetlich im Park picknickten.
Ja, ich mag New York im Sommer. Doch dieses Wochenende ist mal wieder Regen angesagt :(
Willkommen im August, kann man da nur sagen!