Monday, July 31, 2006
Wednesday, July 26, 2006
Ferne und nahe Katastrophen
Ich bin gestern morgen zurueck gekommen. Und da man nach einer Reise immer so viele Kleinigkeiten erledigen muss, angefangen von laestigen Rechnungen, die zu bezahlen sind, bis hin zu Hemden, die man zur Reinigung bringen muss, habe ich mir einen Tag frei genommen, um “alles” zu erledigen.
In der Reinigung begruesste mich die Besitzerin herzlich: “Wie geht es dir? Das waren ja schreckliche Tage. Ich bin froh, dich wieder zu sehen.”
Ich war wirklich geruehrt. Ich wusste gar nicht, dass die Besitzerin der Reinigung (ja, ich muss eingestehen, dass ich ihren Namen nicht weiss, aber den braucht man fuer Small-Talk ja nicht zu wissen) wusste, dass ich in Israel war.
Ja, das waren schon intensive Tage, von denen man nur wenig in den Medien, die sich auf die Situation im Libanon konzentrieren, hoert. Ein Studienkollege von einer Freundin wurde im Libanon getoetet, die Tante einer Bekannte aus Haifa verlor ihr Bein bei einem der ueber Tausend Raketenangriffe, und ein Mitbewohner aus dem Kibbutz eines Freundes starb beim Zusammensturz von Hubschraubern, doch nicht nur der Tod, sondern die Traumata aus Golfkrieg und von den Terroranschlaegen brachen wieder auf, so etwa bei meiner Freundin Inbal, die in dem Selbstmordattentat im Cafe Hillel fuenf Familienmitglieder verlor und seitdem nicht mehr sie selbst ist.
Eines Morgens hoerten wir, dass ein Selbstmordattentaeter unterwegs sei – ein paar Stunden spaeter wurde er unweit von unserem Hotel gestellt. In der Nacht wacht man unerwartet auf, in der Angst, das Hotel koennte in die Luft gesprengt werden und jeder Abend der letzte sein. All das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht wirklich hier ist (und es ist einfach, von der sicheren und behueteten Ferne, zu kritisieren, auch wenn man keine Loesungsvorschlaege hat).
Der Friedensprozess ist gescheitert, haben einige arabische Politiker erklaert, doch je mehr ich mich mit dem Nahen Osten beschaeftige, so mehr zweifle ich daran, dass es wirklich einen solchen Prozess gegeben hat, da Israel keinen wirklichen Partner hat(te). Und trotzdem haben die europaeischen Medien einen Schuldigen gefunden: Israel. Waehrend in Dafur fast eine halbe Million Menschen starb und ueber 2,5 Million in Fluechtlingslagern leben und etwa 3,5 Millionen Hunger erleiden, haben hierzu die Europaer geschwiegen. Im momentanen Konflikt sind bisher lediglich 400 Menschen gestorben, die ueberwiegenden Mehrheit Terroristen (die Nennung der Gesamtzahlen gibt ein verzerrtes Bild). Ist die gefaehrliche Medienhetze Rassismus? Interessiert man sich fuer Dafur nicht, da es sich um Schwarze handelt, oder interessiert man sich fuer Israel, da die "Taeter" Juden sind?
Der Konflikt ist ein Drama, in dem es nur Verlierer gibt, doch es ist keine so eindeutige Situation, wie sie von Stammtischideologen und Friedensdemonstranten dargestellt wird. Es ist kein Kampf von Israel gegen Araber, sondern von einer Zivilgesellschaft gegen islamischen Faschismus, und die Opfer sind Juden wie Araber. In unserem Hotel, das in ein Fluechtlingslager umfunktioniert wurde, fand man Israelis muslimischer, christlicher und juedischer Herkunft, friedlich miteinander diskutierend. Alle kamen aus dem Norden, der Region um Haifa, und alle waren sich einig, dass es momentan keinen anderen Ausweg gegen Hisbollah gebe, ebenso sah es auch ein palaestinensischer Taxifahrer, der sauer war, dass nun wieder das so wichtige Tourismusgeschaeft zerstoert ist und er kein Geld verdienen wird. Solche Stimmen sieht man nicht im Fernsehen, aber zum Glueck hat sich Joschka Fischer zu Wort gemeldet, um ein wenig aufzuklaeren.
All diese Gedanken schwirren durch meinen Kopf, als mir die Frau in der Reinigung nochmals sagt, “Ja, das waren schreckliche Tage. Fuenf Tage ohne Strom und ganz Queens bricht zusammen.” Ich verstehe zunaechst nicht, doch dann erklaert sie, dass es einen Stromausfall in Queens gegeben hat, der den ganzen Stadtteil lahm legte, und das bei Temperaturen um die 40 Grad. “Schrecklich, wirklich schrecklich. Ich bin fast gestorben bei dieser Hitze.”
Ja, der Konflikt ist weit weg, und doch so nah. Ich denke an meine wunderbaren Freunde, die weiterhin mit der Gefahr leben. Hoffen wir nur, dass bald wieder ein kalter Frieden einkehrt.
In der Reinigung begruesste mich die Besitzerin herzlich: “Wie geht es dir? Das waren ja schreckliche Tage. Ich bin froh, dich wieder zu sehen.”
Ich war wirklich geruehrt. Ich wusste gar nicht, dass die Besitzerin der Reinigung (ja, ich muss eingestehen, dass ich ihren Namen nicht weiss, aber den braucht man fuer Small-Talk ja nicht zu wissen) wusste, dass ich in Israel war.
Ja, das waren schon intensive Tage, von denen man nur wenig in den Medien, die sich auf die Situation im Libanon konzentrieren, hoert. Ein Studienkollege von einer Freundin wurde im Libanon getoetet, die Tante einer Bekannte aus Haifa verlor ihr Bein bei einem der ueber Tausend Raketenangriffe, und ein Mitbewohner aus dem Kibbutz eines Freundes starb beim Zusammensturz von Hubschraubern, doch nicht nur der Tod, sondern die Traumata aus Golfkrieg und von den Terroranschlaegen brachen wieder auf, so etwa bei meiner Freundin Inbal, die in dem Selbstmordattentat im Cafe Hillel fuenf Familienmitglieder verlor und seitdem nicht mehr sie selbst ist.
Eines Morgens hoerten wir, dass ein Selbstmordattentaeter unterwegs sei – ein paar Stunden spaeter wurde er unweit von unserem Hotel gestellt. In der Nacht wacht man unerwartet auf, in der Angst, das Hotel koennte in die Luft gesprengt werden und jeder Abend der letzte sein. All das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht wirklich hier ist (und es ist einfach, von der sicheren und behueteten Ferne, zu kritisieren, auch wenn man keine Loesungsvorschlaege hat).
Der Friedensprozess ist gescheitert, haben einige arabische Politiker erklaert, doch je mehr ich mich mit dem Nahen Osten beschaeftige, so mehr zweifle ich daran, dass es wirklich einen solchen Prozess gegeben hat, da Israel keinen wirklichen Partner hat(te). Und trotzdem haben die europaeischen Medien einen Schuldigen gefunden: Israel. Waehrend in Dafur fast eine halbe Million Menschen starb und ueber 2,5 Million in Fluechtlingslagern leben und etwa 3,5 Millionen Hunger erleiden, haben hierzu die Europaer geschwiegen. Im momentanen Konflikt sind bisher lediglich 400 Menschen gestorben, die ueberwiegenden Mehrheit Terroristen (die Nennung der Gesamtzahlen gibt ein verzerrtes Bild). Ist die gefaehrliche Medienhetze Rassismus? Interessiert man sich fuer Dafur nicht, da es sich um Schwarze handelt, oder interessiert man sich fuer Israel, da die "Taeter" Juden sind?
Der Konflikt ist ein Drama, in dem es nur Verlierer gibt, doch es ist keine so eindeutige Situation, wie sie von Stammtischideologen und Friedensdemonstranten dargestellt wird. Es ist kein Kampf von Israel gegen Araber, sondern von einer Zivilgesellschaft gegen islamischen Faschismus, und die Opfer sind Juden wie Araber. In unserem Hotel, das in ein Fluechtlingslager umfunktioniert wurde, fand man Israelis muslimischer, christlicher und juedischer Herkunft, friedlich miteinander diskutierend. Alle kamen aus dem Norden, der Region um Haifa, und alle waren sich einig, dass es momentan keinen anderen Ausweg gegen Hisbollah gebe, ebenso sah es auch ein palaestinensischer Taxifahrer, der sauer war, dass nun wieder das so wichtige Tourismusgeschaeft zerstoert ist und er kein Geld verdienen wird. Solche Stimmen sieht man nicht im Fernsehen, aber zum Glueck hat sich Joschka Fischer zu Wort gemeldet, um ein wenig aufzuklaeren.
All diese Gedanken schwirren durch meinen Kopf, als mir die Frau in der Reinigung nochmals sagt, “Ja, das waren schreckliche Tage. Fuenf Tage ohne Strom und ganz Queens bricht zusammen.” Ich verstehe zunaechst nicht, doch dann erklaert sie, dass es einen Stromausfall in Queens gegeben hat, der den ganzen Stadtteil lahm legte, und das bei Temperaturen um die 40 Grad. “Schrecklich, wirklich schrecklich. Ich bin fast gestorben bei dieser Hitze.”
Ja, der Konflikt ist weit weg, und doch so nah. Ich denke an meine wunderbaren Freunde, die weiterhin mit der Gefahr leben. Hoffen wir nur, dass bald wieder ein kalter Frieden einkehrt.
Friday, July 14, 2006
Krieg
Timing ist alles, behauptet man zumindest, und ich bin heute in Jerusalem, der "Stadt des Friedens", angekommen, um eine Konferenz zu "Friedensinitiativen fuer den Nahen Osten" zu organisieren, und um uns herum sieht es nach Krieg aus. Die letzten Tage Revue passierend: Hamas griff Israel an und Israel attackierte Hamas in Gaza, dann griff Hizbollah vom Libanon aus Israel an, und Israel griff den Libanon an, und waehrend wir im Flugzeug waren, wurden nun vom Libanon aus Raketen auf Nordisrael geschossen, und Israel griff daraufhin die Hizbollah Hochburg in Suedbeirut an. Die Spirale der Gewalt scheint sich ins unendliche zu drehen, aber ist es wirklich verkehrt, auf Terroranschlaege mit Gewalt zu reagieren? Anscheinend ist dies die Sprache einer Region, in der man nur Staerke versteht und einseitige Diplomatie als Schwaeche gesehen wird, wie etwa der einseitige Abzug aus dem Suedlibanon und Gaza, der nur mit Terror belohnt wird. In Jerusalem ist es jedenfalls ruhig. Selbst Palestinenser, mit denen ich sprach, glauben, dass es sicher ist, da, wenn mit der Armee gekaempft wird, Zivilisten in Ruhe gelassen werden. Wer weiss? Waehrend ich durch die leeren Strassen der Altstadt spazierte, und sah, welches Loch der Terrorismus in den Tourismus (der Haupteinnahmequelle vieler Bewohner Jerusalems) gerissen hat, mussten meine Verwandten in Haifa, darunter auch Holocaustueberlebende, in die Luftschutzbunker, nachdem wieder Raketen aus dem Libanon niedergingen. Timing ist alles, und eine Konferenz zu Frieden ist wohl gerade jetzt noetig, wenn die Diplomatie zumindest vorlaeufig schweigt und die Waffen Worte ersetzen.
Tuesday, July 11, 2006
Alan
Als ich heute morgen meine E-Mails las, fand ich eine Nachricht, die ich fast nicht gelesen haette. Es ging um den Mord an einen ehemaligen Studenten aus England. Als ich dann doch auf den Link klickte, sah ich ploetzlich das Gesicht eines alten Freundes, mit dem ich waehrend meiner Zeit in Bruessel oft zusammenarbeitete. Alan war ein beeindruckender Kerl, der eine grosse Zukunft vor sich hatte. Ich glaube, das letzte Mal, dass wir uns trafen, sassen wir in einem der vielen Doenerlaeden nahe dem Grand Place in Bruessel, tranken Bier und sprachen davon, wie wir die Welt verbessern koennten. Ein paar Jahre sind seitdem vergangen, und wie so viele andere auch, habe ich Alan aus den Augen verloren, doch ich bin mir sicher, wenn wir uns getroffen haetten, waere es sehr herzlich gewesen. Doch am Samstag ist er bei einem Raubueberfall ermordet worden. In Washington DC, gar nicht so weit von mir entfernt. Ich wusste nicht, dass er nun auch in den USA ist. Eigentlich wollte ich mich in das Kondolenzbuch eintragen, aber mir fehlten die Worte. Dieser Beitrag ist statt dessen mein persoenlicher Abschied von Alan.
Monday, July 10, 2006
Wednesday, July 05, 2006
Michigan
Michigan ist der Bundesstaat der grossen Seen, aber da ich bisher auf unseren Kurztrips nach Ann Arbor ausser dem Haus von Lisas Eltern und Lisas Musikladen nicht viel von Michigan gesehen hatte, entschliessen wir uns, diese Woche in Amerikas Mittleren Westen zu verbringen und fuhren an den Lake Michigan, genauer gesagt nach Sargatuck, was offensichtlich ein indianisches Wort ist, fuer das leider niemand die Uebersetzung weiss (jedenfalls hat keine der Broschueren eine Erklaerung fuer das Wort).
Von Ann Arbor sind es etwa 2 Stunden mit dem Auto nach Sargatuck, und ein Blick aus dem Fenster erinnert an das Muensterland: Die Region ist flach; und nicht nur das, auch viele Auswanderer aus der Region scheinen hier gelandet zu sein, sieht man die Ortsnamen wie etwa Holland oder Westphalia. (In Holland gibt es uebrigens auch ein Dutch Village, sozusagen einen niederlaendischen Themenpark samt Windmuehle und Gracht.) Auch viele Namensschilder in Sargatuck zeugen von deutschen Einfluss, so findet man etwa Briefkaesten mit den Namen "von Brecht", "Schumann", "Hesse" oder "Schultze", und wir parkten unser Auto auf der "Hoffman Street" und bestiegen einen Berg (oder besser Aussichtshuegel, wie gesagt, die Region ist sehr flach), der am "Interlaken Drive" lag.
Der Lake Michigan selber ist wohl der groesste See, den ich bisher gesehen habe, und er wirkt wie ein Meer mit seinem Strand, Wellen und weiten Horizont. Und da der Blick gen Westen ist, hat man wunderschoene Sonnenuntergaenge, theoretisch zumindest, denn leider spielte das Wetter groesstenteils nicht mit, und anstelle von Sommersonne hatten wir Herbststuerme, und dann ist tagsueber nicht viel zu tun, ausser durch die Doerfer zu spazieren, Wein zu probieren, Essen zu gehen und Shopping, und das macht in Zeitalter der Globalisierung nicht allzu viel Spass, denn es scheint ueberall das Gleiche zu geben.
Interessanterweise ist Sargatuck auch dafuer bekannt, dass es hier per capita die hoehste Anzahl an reichen (maennlichen) Singles gibt, so dass sich hier viele einen Millionaer angeln wollen, doch wie das so oft mit Statistiken ist, so erzaehlen sie nur einen Teil der Wahrheit, und wie man schnell erkennt, ist der Ort eine Schwulentreffpunkt mit seiner eigenen Szene wohlbetuchter Homosexueller, und da ich weder single noch schwul bin, werde ich mir wohl keinen Millionaer angeln und muss weiter selber arbeiten, aber wie gesagt, nicht diese Woche, da wir ja Urlaub machen.
Von Ann Arbor sind es etwa 2 Stunden mit dem Auto nach Sargatuck, und ein Blick aus dem Fenster erinnert an das Muensterland: Die Region ist flach; und nicht nur das, auch viele Auswanderer aus der Region scheinen hier gelandet zu sein, sieht man die Ortsnamen wie etwa Holland oder Westphalia. (In Holland gibt es uebrigens auch ein Dutch Village, sozusagen einen niederlaendischen Themenpark samt Windmuehle und Gracht.) Auch viele Namensschilder in Sargatuck zeugen von deutschen Einfluss, so findet man etwa Briefkaesten mit den Namen "von Brecht", "Schumann", "Hesse" oder "Schultze", und wir parkten unser Auto auf der "Hoffman Street" und bestiegen einen Berg (oder besser Aussichtshuegel, wie gesagt, die Region ist sehr flach), der am "Interlaken Drive" lag.
Der Lake Michigan selber ist wohl der groesste See, den ich bisher gesehen habe, und er wirkt wie ein Meer mit seinem Strand, Wellen und weiten Horizont. Und da der Blick gen Westen ist, hat man wunderschoene Sonnenuntergaenge, theoretisch zumindest, denn leider spielte das Wetter groesstenteils nicht mit, und anstelle von Sommersonne hatten wir Herbststuerme, und dann ist tagsueber nicht viel zu tun, ausser durch die Doerfer zu spazieren, Wein zu probieren, Essen zu gehen und Shopping, und das macht in Zeitalter der Globalisierung nicht allzu viel Spass, denn es scheint ueberall das Gleiche zu geben.
Interessanterweise ist Sargatuck auch dafuer bekannt, dass es hier per capita die hoehste Anzahl an reichen (maennlichen) Singles gibt, so dass sich hier viele einen Millionaer angeln wollen, doch wie das so oft mit Statistiken ist, so erzaehlen sie nur einen Teil der Wahrheit, und wie man schnell erkennt, ist der Ort eine Schwulentreffpunkt mit seiner eigenen Szene wohlbetuchter Homosexueller, und da ich weder single noch schwul bin, werde ich mir wohl keinen Millionaer angeln und muss weiter selber arbeiten, aber wie gesagt, nicht diese Woche, da wir ja Urlaub machen.