Ferne und nahe Katastrophen
Ich bin gestern morgen zurueck gekommen. Und da man nach einer Reise immer so viele Kleinigkeiten erledigen muss, angefangen von laestigen Rechnungen, die zu bezahlen sind, bis hin zu Hemden, die man zur Reinigung bringen muss, habe ich mir einen Tag frei genommen, um “alles” zu erledigen.
In der Reinigung begruesste mich die Besitzerin herzlich: “Wie geht es dir? Das waren ja schreckliche Tage. Ich bin froh, dich wieder zu sehen.”
Ich war wirklich geruehrt. Ich wusste gar nicht, dass die Besitzerin der Reinigung (ja, ich muss eingestehen, dass ich ihren Namen nicht weiss, aber den braucht man fuer Small-Talk ja nicht zu wissen) wusste, dass ich in Israel war.
Ja, das waren schon intensive Tage, von denen man nur wenig in den Medien, die sich auf die Situation im Libanon konzentrieren, hoert. Ein Studienkollege von einer Freundin wurde im Libanon getoetet, die Tante einer Bekannte aus Haifa verlor ihr Bein bei einem der ueber Tausend Raketenangriffe, und ein Mitbewohner aus dem Kibbutz eines Freundes starb beim Zusammensturz von Hubschraubern, doch nicht nur der Tod, sondern die Traumata aus Golfkrieg und von den Terroranschlaegen brachen wieder auf, so etwa bei meiner Freundin Inbal, die in dem Selbstmordattentat im Cafe Hillel fuenf Familienmitglieder verlor und seitdem nicht mehr sie selbst ist.
Eines Morgens hoerten wir, dass ein Selbstmordattentaeter unterwegs sei – ein paar Stunden spaeter wurde er unweit von unserem Hotel gestellt. In der Nacht wacht man unerwartet auf, in der Angst, das Hotel koennte in die Luft gesprengt werden und jeder Abend der letzte sein. All das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht wirklich hier ist (und es ist einfach, von der sicheren und behueteten Ferne, zu kritisieren, auch wenn man keine Loesungsvorschlaege hat).
Der Friedensprozess ist gescheitert, haben einige arabische Politiker erklaert, doch je mehr ich mich mit dem Nahen Osten beschaeftige, so mehr zweifle ich daran, dass es wirklich einen solchen Prozess gegeben hat, da Israel keinen wirklichen Partner hat(te). Und trotzdem haben die europaeischen Medien einen Schuldigen gefunden: Israel. Waehrend in Dafur fast eine halbe Million Menschen starb und ueber 2,5 Million in Fluechtlingslagern leben und etwa 3,5 Millionen Hunger erleiden, haben hierzu die Europaer geschwiegen. Im momentanen Konflikt sind bisher lediglich 400 Menschen gestorben, die ueberwiegenden Mehrheit Terroristen (die Nennung der Gesamtzahlen gibt ein verzerrtes Bild). Ist die gefaehrliche Medienhetze Rassismus? Interessiert man sich fuer Dafur nicht, da es sich um Schwarze handelt, oder interessiert man sich fuer Israel, da die "Taeter" Juden sind?
Der Konflikt ist ein Drama, in dem es nur Verlierer gibt, doch es ist keine so eindeutige Situation, wie sie von Stammtischideologen und Friedensdemonstranten dargestellt wird. Es ist kein Kampf von Israel gegen Araber, sondern von einer Zivilgesellschaft gegen islamischen Faschismus, und die Opfer sind Juden wie Araber. In unserem Hotel, das in ein Fluechtlingslager umfunktioniert wurde, fand man Israelis muslimischer, christlicher und juedischer Herkunft, friedlich miteinander diskutierend. Alle kamen aus dem Norden, der Region um Haifa, und alle waren sich einig, dass es momentan keinen anderen Ausweg gegen Hisbollah gebe, ebenso sah es auch ein palaestinensischer Taxifahrer, der sauer war, dass nun wieder das so wichtige Tourismusgeschaeft zerstoert ist und er kein Geld verdienen wird. Solche Stimmen sieht man nicht im Fernsehen, aber zum Glueck hat sich Joschka Fischer zu Wort gemeldet, um ein wenig aufzuklaeren.
All diese Gedanken schwirren durch meinen Kopf, als mir die Frau in der Reinigung nochmals sagt, “Ja, das waren schreckliche Tage. Fuenf Tage ohne Strom und ganz Queens bricht zusammen.” Ich verstehe zunaechst nicht, doch dann erklaert sie, dass es einen Stromausfall in Queens gegeben hat, der den ganzen Stadtteil lahm legte, und das bei Temperaturen um die 40 Grad. “Schrecklich, wirklich schrecklich. Ich bin fast gestorben bei dieser Hitze.”
Ja, der Konflikt ist weit weg, und doch so nah. Ich denke an meine wunderbaren Freunde, die weiterhin mit der Gefahr leben. Hoffen wir nur, dass bald wieder ein kalter Frieden einkehrt.
In der Reinigung begruesste mich die Besitzerin herzlich: “Wie geht es dir? Das waren ja schreckliche Tage. Ich bin froh, dich wieder zu sehen.”
Ich war wirklich geruehrt. Ich wusste gar nicht, dass die Besitzerin der Reinigung (ja, ich muss eingestehen, dass ich ihren Namen nicht weiss, aber den braucht man fuer Small-Talk ja nicht zu wissen) wusste, dass ich in Israel war.
Ja, das waren schon intensive Tage, von denen man nur wenig in den Medien, die sich auf die Situation im Libanon konzentrieren, hoert. Ein Studienkollege von einer Freundin wurde im Libanon getoetet, die Tante einer Bekannte aus Haifa verlor ihr Bein bei einem der ueber Tausend Raketenangriffe, und ein Mitbewohner aus dem Kibbutz eines Freundes starb beim Zusammensturz von Hubschraubern, doch nicht nur der Tod, sondern die Traumata aus Golfkrieg und von den Terroranschlaegen brachen wieder auf, so etwa bei meiner Freundin Inbal, die in dem Selbstmordattentat im Cafe Hillel fuenf Familienmitglieder verlor und seitdem nicht mehr sie selbst ist.
Eines Morgens hoerten wir, dass ein Selbstmordattentaeter unterwegs sei – ein paar Stunden spaeter wurde er unweit von unserem Hotel gestellt. In der Nacht wacht man unerwartet auf, in der Angst, das Hotel koennte in die Luft gesprengt werden und jeder Abend der letzte sein. All das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht wirklich hier ist (und es ist einfach, von der sicheren und behueteten Ferne, zu kritisieren, auch wenn man keine Loesungsvorschlaege hat).
Der Friedensprozess ist gescheitert, haben einige arabische Politiker erklaert, doch je mehr ich mich mit dem Nahen Osten beschaeftige, so mehr zweifle ich daran, dass es wirklich einen solchen Prozess gegeben hat, da Israel keinen wirklichen Partner hat(te). Und trotzdem haben die europaeischen Medien einen Schuldigen gefunden: Israel. Waehrend in Dafur fast eine halbe Million Menschen starb und ueber 2,5 Million in Fluechtlingslagern leben und etwa 3,5 Millionen Hunger erleiden, haben hierzu die Europaer geschwiegen. Im momentanen Konflikt sind bisher lediglich 400 Menschen gestorben, die ueberwiegenden Mehrheit Terroristen (die Nennung der Gesamtzahlen gibt ein verzerrtes Bild). Ist die gefaehrliche Medienhetze Rassismus? Interessiert man sich fuer Dafur nicht, da es sich um Schwarze handelt, oder interessiert man sich fuer Israel, da die "Taeter" Juden sind?
Der Konflikt ist ein Drama, in dem es nur Verlierer gibt, doch es ist keine so eindeutige Situation, wie sie von Stammtischideologen und Friedensdemonstranten dargestellt wird. Es ist kein Kampf von Israel gegen Araber, sondern von einer Zivilgesellschaft gegen islamischen Faschismus, und die Opfer sind Juden wie Araber. In unserem Hotel, das in ein Fluechtlingslager umfunktioniert wurde, fand man Israelis muslimischer, christlicher und juedischer Herkunft, friedlich miteinander diskutierend. Alle kamen aus dem Norden, der Region um Haifa, und alle waren sich einig, dass es momentan keinen anderen Ausweg gegen Hisbollah gebe, ebenso sah es auch ein palaestinensischer Taxifahrer, der sauer war, dass nun wieder das so wichtige Tourismusgeschaeft zerstoert ist und er kein Geld verdienen wird. Solche Stimmen sieht man nicht im Fernsehen, aber zum Glueck hat sich Joschka Fischer zu Wort gemeldet, um ein wenig aufzuklaeren.
All diese Gedanken schwirren durch meinen Kopf, als mir die Frau in der Reinigung nochmals sagt, “Ja, das waren schreckliche Tage. Fuenf Tage ohne Strom und ganz Queens bricht zusammen.” Ich verstehe zunaechst nicht, doch dann erklaert sie, dass es einen Stromausfall in Queens gegeben hat, der den ganzen Stadtteil lahm legte, und das bei Temperaturen um die 40 Grad. “Schrecklich, wirklich schrecklich. Ich bin fast gestorben bei dieser Hitze.”
Ja, der Konflikt ist weit weg, und doch so nah. Ich denke an meine wunderbaren Freunde, die weiterhin mit der Gefahr leben. Hoffen wir nur, dass bald wieder ein kalter Frieden einkehrt.
2 Comments:
Next time you come to Israel, let me know! Amos and I are both here :) We were in Tel Aviv the night that suicide bomber was arrested.
Good point, Julian!
BTW-- please post in english if you want me to elaborate on this and for the sake of the non-german speaking readers. Danke!
Oranit
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