Thursday, May 11, 2006

Mein Beitrag, den ich fuer Tachles ueber das AJC Meeting geschrieben habe

Enge Beziehung zu Deutschland
Zur 100-Jahr-Feier des American Jewish Committee waren nebst US-Präsident Bush und Uno-Generalsekretär Kofi Annan auch Bundeskanzlerin Angela Merkel als Redner geladen.
Von Julian Voloj
Das Jahrestreffen des American Jewish Committee (AJC), welches traditionellerweise im Mai stattfindet, stand dieses Jahr unter einem besonderen Stern: AJC feiert dieses Jahr sein 100. jähriges Bestehen. Wie jedes Jahr konnten sich auch jetzt die Mitglieder der Organisation über aktuelle politische Geschehnisse informieren, prominente Politiker und Meinungsbildner treffen und sich mit anderen Mitgliedern auszutauschen. Die Hauptaufgabe des Jahrestreffens hat in den letzten Jahren nicht an Inhalt eingebüsst. Hauptsächlich geht es dort um drei Dinge: Networking, Motivation und Fundraising, und Letzteres sogar sehr erfolgreich, da dieses Jahr das Ziel von 100 Millionen US-Dollar der von AJC-Ehrenpräsident Harold Tanner geführten Kampagne weit übertroffen wurde.
Dieses Jahr war auch das flankierende Programm mit prominenten Rednern und gewichtigen Themen anlässlich des 100. Geburtstags des American Jewish Committee noch reicher bestückt als in den Vorjahren. Nicht nur der gehaltvolle Inhalt, gerade auch der gesellschaftliche Aspekt, der durch die Tatsache bestärkt war, dass Jüdinnen und Juden aus allen Strömung vertreten waren und miteinander die Programme gestalteten, war ein beeindruckendes Signal nach innen. Wichtige Vertreter aus Politik und Gesellschaft wie etwa der israelische Schriftsteller A. B. Jehoschua, der Philosoph Michael Walzer oder der neuen Star der demokratischen Partei Senator Barack Obama, und auch mehr als 1500 Teilnehmer aus aller Welt erwiesen der tradionsreichen NGO die Ehre.
Der ehemalige deutsche Aussenminister Joschka Fischer ist seit längerem gut mit AJC-Geschäftsführer David Harris befreundet, und daher verwunderte es auch nicht, dass Fischer die Laudatio hielt, als Harris während der Konferenz mit dem «Distinguished Leaderhip Award» ausgezeichnet wurde. In einer beeindruckenden Rede, auf die stehende Ovationen folgten, lobte Fischer seinen Freund David Harris als einen beeindruckenden und wahren Diplomaten.
Das herzliche Verhältnis zwischen Fischer und Harris unterstreicht die gute Beziehung zu Deutschland. Schon kurz nach der Schoah gehörte das AJC zu den Organisationen, die sich als Brückenbauer verstanden, und so besuchten zahlreiche AJC-Vertreter, darunter auch der legendäre Vorsitzende Jacob Blaustein, bereits 1945 Deutschland, um sich ein eigenes Bild von der Lage im Land zu machen. Nach der deutschen Wiedervereinigung entstand die Idee, ein Büro in Berlin zu eröffnen, die letztlich 1998 realisiert wurde. Eine der vielen Veröffentlichungen, die auf dem diesjährigen Treffen präsentiert wurden, beschäftigte sich mit dem Verhältnis zu Deutschland.
Keine Frage, das AJC hat eine besondere Beziehung zu Deutschland, und so verwundert es nicht, dass zum diesjährigen Kongress, das Berliner AJC-Büro unter Leitung von Deidre Berger die grösste Delegation, die jemals aus Deutschland zu einem AJC-Meeting kam, organisierte.
Kleine Seitenhiebe
Auch wenn die Rede der aus Somalia stammenden niederländischen Abgeordneten Ayaan Hirsi Ali, die eingestand, in ihrer Jugend zum Hass gegen Juden erzogen worden zu sein, zu den am meisten diskutierten Programmpunkten gehörte, war der eigentlich Höhepunkt wie jedes Jahr das Galadiner, zu dem dieses Jahr neben US-Präsident George W. Bush auch Uno-Generalsekretär Kofi Annan und Bundeskanzlerin Angela Merkel als Hauptredner eingeladen waren.
Im Vorfeld war viel darüber diskutiert worden, wie Bush vom überwiegend demokratischen Publikum empfangen würde, doch die befürchteten Buhrufe blieben aus. Der Präsident lobte die Arbeit des AJC, sprach über die Gemeinsamkeiten der israelischen und der amerikanischen Gesellschaft, die nukleare Bedrohung durch den Iran und, bevor er Kanzlerin Merkel ankündigte, über die Situation in Sudan. Am Sonntag vor dem AJC-Treffen hatte es in Washington eine grosse Kundgebung für die Opfer des Genozids in Sudan gegeben, die auf eine Initiative des Holocaust-Memorial-Museums und des American Jewish World Service zurückging und an der sich Dutzende von jüdischen Organisationen beteiligt hatten (vgl. tachles 18/06). Bush zitierte Elie Wiesel, der sagte, dass ein Schweigen nur den Mördern hilft, und er unterstrich – wohl als Seitenhieb für Uno-Generalsekretär Kofi Annan gemeint –, dass Amerika nicht schweigt und die Situation in Darfur als das bezeichne, was sie sei: ein Genozid.
«Und nun ist es mir eine Ehre, eine Rednerin vorzustellen, die den Wert der Freiheit versteht», endete Bush seine Rede. «Angela Merkel wuchs in Ostdeutschland in den dunklen Zeiten des Kalten Krieges auf. Sie versteht, was es heisst, in einer freien Gesellschaft zu leben. Sie versteht die Kraft der Freiheit.»
Es war das erste Mal, dass ein deutsches Staatsoberhaupt an der Jahresfeier des AJC sprach. Sehr gespannt war man auf Merkels Rede, vor allem unter den vielen AJC-Mitglieder, die deutscher Abstammung sind, darunter auch einige Überlebende der Schoah. Merkel begann ihre Rede auf Englisch, bezeichnete es als eine grosse Ehre, dass sie Gast sein durfte, und dann geschah das, womit viele nicht gerechnet hatten. Die Kanzlerin sprach weiter auf Deutsch.
Sie wies die iranischen Drohungen gegen Israel zurück, bezeichnete die Infragestellung des Existenzrechts Israels durch Irans Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad als «unerträglich und nicht hinnehmbar» und erklärte, dass es von deutscher Seite keine Kontakte zu der Hamas-Regierung geben werde, bevor diese nicht der Gewalt abschwöre und das Existenzrecht Israels anerkenne. Anhand der Reaktionen der Gäste konnte man erkennen, wie viele von ihnen Merkels Worte im Originalton verstanden.
Die Sprache war das Besondere
Ihre Rede erntete viel Applaus bei den ungefähr 1500 Gästen, zu denen auch der frühere Bundesinnenminister Otto Schily zählte. Doch für viele der Gäste waren nicht nur Merkels klare Worte etwas Besonderes, sondern vor allem die Sprache, in der sie sprach. Im Anschluss an das Diner wurde in der Hotellobby des Capital Hilton heftig darüber diskutiert. «Dies war ein besonderer Moment. Eine deutsche Kanzlerin auf der 100-Jahr-Feier des American Jewish Committee, 60 Jahre nach der Schoah, und dazu noch auf Deutsch!» sagte ein älterer Herr – auf Deutsch – zu seiner Begleiterin.
Was für viele ältere Teilnehmer ein besonderer Moment war, war für die jüngeren Delegierten etwas ganz Normales, und vielleicht ist das das eigentlich Besondere an der deutsch-jüdisch-amerikanischen Beziehung, die das AJC ermöglicht.
© 2001 - 2006 tachles Jüdisches Wochenmagazin.Jegliche Publikation dieses Artikels ohne Quellenangabe ist untersagt.

1 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Toller Artikel!!

Thursday, 11 May, 2006  

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