Thursday, December 14, 2006

In der U-Bahn

Die New Yorker U-Bahn ist voller Kleinkuenstler und Bettler, die ein paar Dollar verdienen wollen. Natuerlich ist das Betteln illegal und man weiss nie so genau, wen man da trauen kann. Angeblich sind 98% der Subwaybettler Betrueger, behauptet jedenfalls eine Reportage, und es kommt einen oft so vor, dass die heruntergeleierten Stories, die man so hoert, nicht immer der Wahrheit entsprechen. Da ist zum Beispiel der “Tourist” aus Vermont, dem sein Portemonaie geklaut wurde, und dem nur noch 15 Dollar fuer das Ruckfahrticket fehlen, doch der tagein tagaus mit der gleichen Geschichte bettelt und dem immer der selbe Betrag fehlt. Oder die Kinder, die fuer das lokale Basketballteam Gelder sammeln und Schokolade verkaufen, anstatt in der Schule zu sein. Ja, man hoert so einiges an Geschichten.
Vor ein paar Tagen jedoch kam ein Paerchen in die U-Bahn, das mich wirklich ueberzeugte. Sie schaute sehr traurig und er redete. Sie sammeln Geld fuer die Operation ihrer Tochter, die nicht von der Krankenversicherung uebernommen wird. Er hielt ein Foto von der Tochter in der Hand und einige Leute waren zu Traenen geruehrt. Ja, das scheinen ehrliche Opfer der Gesellschaft zu sein. Viele rueckten die Dollarnoten grosszuegig her. Am Queensboro Plaza stieg ploetzlich ein Polizist hinzu und das Paar schaute nervoes. Ja, diese boesen Polizisten haben kein Herz fuer die Armen der Grossstadt. Aber nein, der Polizist ging direkt auf die beiden zu und lachte freundlich.
- “Hallo, ihr beiden, wie geht’s euch denn.”
– “Mensch, was machst du denn hier?! Bist du nicht mehr in der Bronx?”
– “Nein, habe die Rute gewechselt und bin nun in Queens. Wie geht’s euch?”
- “Super. Alles bestens”
Alle Passagiere, die zuvor diesem bemitleidenswerden Paar Geld gegeben hatten, konnten es gar nicht fassen. Das Paar laechelte freundlich und war nicht einmal verlegen, beim Luegen ertappt worden zu sein. Auch die zuvor stumme Frau war ploetzlich gespraechig. Ja, die Renovierungsarbeiten im Haus gehen voran. Es sei wirklich schoen und der Polizist solle mal vorbei kommen, wenn man fertig sei. Und wann sie sich endlich Nachwuchs anschaffen? Na ja, wenn das Haus erst mal fertig ist und man noch ein wenig mehr gespart hat, dann wird es wohl so weit sein.
Nichts, wirklich nichts von der vorherigen Geschichte schien der Wahrheit zu entsprechen, und die Leute schauten nur verdutzt und enttaeuscht, aber niemand sagte etwas.
Die Moral von der Geschichte: Man hat hier halt keine Moral und soll deshalb keinem Fremden trauen, vor allem nicht wenn es um Geld geht.

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