Friday, August 26, 2005

Friedensprozess

Vor knapp zehn Jahren veroeffentlichte ich mein erstes Buch. Ein zweisprachige Ausgabe von Katzenelsons Dos Lid funm ojsgehargetn jidischn Folk, mit lateinischer Transkription des hebraeisch geschriebenen Jiddisch. Das ganze wurde vom AStA der Uni Muenster gedruckt und zum 9. November von meinem Freund Robert Scherf gelesen. Die Auflage des Buches war relativ gering. Etwa 150 Exemplare. Und trotz der geringen Auflage findet sich dieses Buch u.a. in der Library of Congress, dem YIVO Institut und anderen wichtigen Bibliotheken.
Ich weiss nicht genau, wieviele dieser Buecher verkauft wurden, hatte jedoch etwa 25 Exemplare, die ich an Freunde, Verwandte und Bekannte verschenkte. Als ich in New York ankam, hatte ich noch 4 Exemplare, die ich dem Museumshop des Museum of Jewish Heritage zur Verfuegung stellte, und erstaunlicherweise verkauften sich diese Buecher hier weitaus besser als erwartet, auch wenn sie deutsch waren. In weniger als drei Wochen waren alle Exemplare verkauft.
Da ich mir sicher war, dass der AStA noch ein paar Buecher in seinem Archiv hatte, fragte ich meinen Vater, der naechste Woche nach New York kommt, doch mal nachzufragen. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen der telefonischen Kontaktaufnahme, machte er sich selbst auf den Weg zum AStA. In der Druckerei fand er einen Studenten, der sich mit ihm auf die Suche machte. Die beiden kamen ins Gespraech. Woher mein Vater denn kaeme? Kolumbien. Und der Student? Palaestinenser. Was er denn als Palaestinenser von dem Abzug der Israelis aus Gaza halte? Frieden gebe es erst, wenn der Messias der Juden kaeme, antwortete er sarkastisch. Man redete ueber den Nahen Osten und seine Haltung war so, wie man sie von arabischen Studenten in Deutschland kennt.
Endlich fand man eine Box mit hebraeisch bedruckten Buechern. "Ja, das sind die Buecher von meinem Sohn." - "Aber das ist ja Hebraeisch!" - "Nein, das ist Jiddisch." Antwortete mein Vater. "Ist ihr Sohn Israeli?" - "Nein, Jude." - "Und Sie?" - "Ich auch." Der palaestinensische Student schluckte und aergerte sich vielleicht ueber seine vorherigen Worte. Ja, mein Vater war der erste Jude, den er kennengelernt habe. Zum Abschied sagte er "litra ot" (Hebraeisch fuer "auf Wiedersehen") und "Schalom" und mein Vater erwiderte "Aleikum salaam". Ein kleiner Schritt auf dem Weg zum Friedensprozess.

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