Friday, August 17, 2007

Das nicht ganz koschere koschere Bier

Das Brauhaus Hartmannsdorf aus dem gleichnamigen Ort in Sachsen stellt seit einiger Zeit ein Bier namens Simcha ("Freude") her. Der hebräische Name allein hätte wohl nicht so große Medienaufmerksamkeit erlebt, hätte das Bier nicht noch zusätzlich ein Hechscher Zertifikat, d.h. es handelt sich um ein koscheres Bier. Seitdem Rabbiner Ehrenberg, der orthodoxe Rabbiner Berlins, am 19. Januar 2007 das Koscherzertifikat ausgestellt hat, sind bereits mehr als 30.000 Flaschen in alle Welt verkauft worden.

Doch nun erscheint das Ganze nicht ganz so koscher zu sein, wie es zunächst scheint, und das liegt nicht daran, dass theoretisch jedes Bier, das nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut wurde, sowieso koscher ist. (Das mehr als 500 Jahre alte deutsche Reinheitsgebot erlaubt lediglich Hopfen, Malz, Wasser und Hefe als Zutaten, im Unterschied etwa zu belgischen Bieren.) Nein, was eher verwundert ist, dass man auf der Internetseite des Brauhauses nichts über dieses neue Bier findet. Nach Anfrage an die Brauerei wurde auf die Website www.simcha-sachsen.de verwiesen, wo man "alles Wissenswerte" über das koschere Bier finden könne, so Romy Kirsten-Lenz vom Brauhaus Hartmannsdorf.

"Das Bier war keine Eigeninitiative des Brauhauses," erklärt Chajm Gurski, dem als ersten das koschere Gebräu nicht ganz koscher vorkam. Simcha Bier kann auf eine Person zurück geführt werden: Uwe Dziuballa. Der 42jährige ist der Betreiber des Chemnitzer Restaurants "Schalom", nach eigenen Angaben ein "jüdisches Restaurant mit leicht koscherer Küche", d.h. zwar ohne Koscherzertifikat, dafür aber gleich drei Speisekarten: eine für milchige Speisen, eine für Fisch- und Fleischgerichte (die u.a. eine „jiddische Hühnersuppe“ auflistet, was immer das sein mag), und eine für Parwe Speisen, die weder milchig noch fleischig sind.
In der aktuellen Ausgabe von "Zum Leben" (3/2007), der Zeitschrift der Sächsischen Israelfreunde, erklärt Dziuballa, der laut Impressum dem Redaktionsbeirat angehört, die Genesis des Bieres und lobt die Sächsischen Israelfreunde und das Brauhaus Hartmannsdorf als "geeigneten Partner" für sein Unternehmen.
Doch genau diese Partnerschaft ist es, die Gurski, der das jüdischen Blog "Sprachkasse" betreibt, die Freude an Simcha nimmt.
Die Sächsischen Israelfreunde sind laut eigener Website "Christen verschiedener Bekenntnisse", und sowohl die Inhalte der Website als auch der Zeitschrift "Zum Leben" erinnern sehr an amerikanische Missionierungsgruppen. Hinzu kommt noch, dass die Seite zu den „Juden für Jesus” verlinkt ist. Gurski vermutet daher, dass man beim "Kauf von 'koscherem' Bier einen Verein [unterstützt], der wiederum die Judenmission unterstützt".
Ein Blick auf die Internetseite www.simcha-sachsen.de untermalt seine Sorge. Dort kann man nicht nur das Bier bestellen (ein Kasten mit 24 Flaschen kostet 30 Euro inklusive Pfand), sondern es gibt auch ein besonderes Angebot: Wer zwei Flaschen Simcha und ein Simcha-Glas bestellt, kann gleich einen messianischen Schlüsselanhänger mit der Aufschrift „Jesus” kostenlos dazu bekommen.
Die Website wird von Wilfried Gotter betrieben, der den Sächsischen Israelfreunden angehört und dessen E-Mail Adresse vermuten lässt, dass er auch den "Fischladen" betreibt, für den auf der Website Werbung gemacht wird, eine "christliche Buchhandlung". "Mag sein, dass der Inhalt des Getränks koscher ist, die Internetseite ist es aber nicht," so Gurski.

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